25 Jahre Reform in der EKHN – Eine kleine Bilanz

Fragen und Probleme rund um kirchliche Reformprozesse (II)

Innerhalb des in der letzten Ausgabe des DPfBl von Friedhelm  Schneider entwickelten kirchlichen Koordinationschemas nimmt Bergner  eine gemeindetheologische, Theologie und Selbstregulierung betonende  Position ein. Diese ist verknüpft mit der Forderung nach  Rationalisierungsprozessen der Bürokratie. Christoph Bergner führt aus,  dass gerade in der Administration der Kirche große  Rationalisierungspotenziale schlummern.

Was bleibt nach 25 Jahren?

1.  Der Selbstbeschäftigungsgrad der Kirche ist erheblich gestiegen.  Funktionäre und Technokraten bestimmen die Tagesordnung. Wichtige Themen  der Kirche wie z.B. die Bedeutung des Gottesdienstes, die Aufgabe der  Seelsorge und des Religionsunterrichts standen seit 25 Jahren nicht mehr  auf der Tagesordnung einer Synode.

2. Die Strukturveränderung an  sich ist zum Prinzip kirchenleitenden Handelns geworden. Die Anlage  dieses Prozesses löst ständig neue Reformen aus. Die Reform ist zur  Dauerbeschäftigung geworden.

3. Insgesamt hat es keine  Einsparungen gegeben, sondern Umschichtungen von unten nach oben.  Verlierer sind die Gemeinden und der Pfarrdienst.

4. Die Sprache der Reform klingt ökonomisch. Doch die ökonomischen Ergebnisse sind dürftig. Die tatsächlichen Kosten sind hoch.

5.  Der Verwaltungsaufwand ist gestiegen. Für seine Verwaltung gibt ein  Dekanat etwa das Fünffache aus wie 20 Jahre zuvor. Vermutlich hat die  Kirche noch nie so viel Geld für ihre Verwaltung ausgegeben wie heute.  Vermutlich war ihre Organisation noch nie so schlecht und die leitenden  Mitarbeiter noch nie so gut bezahlt.

6. Die Gemeinden werden zu  Filialen der Kirche. Nachdem Kirchenmusiker, Gemeindepädagogen und Fach-  und Profilstellen auf der Ebene des Dekanates angesiedelt worden sind,  sollen nun die Gemeindepfarrstellen folgen. Sie werden zu Pfarrstellen  der Region. Nach den Diakoniestationen sollen auch die Kindergärten aus  den Gemeinden abgezogen werden.

7. Das Gegenüber von kirchlichen  Mitarbeitern ist nicht mehr die Gemeinde und ihr Kirchenvorstand,  sondern ein Gremium, das von der täglichen Arbeit weit entfernt ist und  deshalb durch Dokumentationen und Präsentationen unterrichtet werden  muss und sich vor allem als Kontrollorgan versteht.

8. Die  Kirchenvorstände sind weitgehend entmündigt. Sie werden durch  Ehrenamtsakademien darauf vorbereitet, die Arbeit zu übernehmen, die  früher durch den Pfarrer gemacht wurde.

9. Die Fluktuation von  Ehrenamtlichen ist gestiegen. Gerade kompetente Mitglieder ­haben die  Synoden in den letzten Jahren verlassen. Der Niveauverlust und die hohe  Fluktuation erleichtern die Durchsetzung von Reform­schritten.

10.  Die EKHN hat in den letzten 5 Jahren nichts unternommen, um nachhaltig  für pastoralen Nachwuchs zu werben. Das hat verschiedene Gründe. Einer  darf dabei nicht übersehen werden: Die Zusammenlegung von Gemeinden, die  Fusion von Dekanaten lässt sich besser durchsetzen, wenn kein Personal  mehr da ist.

11. Die Dauerdebatte über die Zukunft der Kirche und  die stetige Dramatisierung von Problemen machen die Kirche offenbar als  Arbeitsgeber unattraktiv.

12. Die klassischen  Organisationsvorteile der Kirche – flache Hierarchien, hohe Präsenz vor  Ort, Selbstorganisation und intrinsisch motivierte Mitarbeiter – sind  reduziert worden.

13. Die Reformen werden nicht von den Menschen  und den Notwendigkeiten vor Ort her gedacht, sondern von Organisations-  und Machtfragen her entwickelt. Sie wirken deshalb nur beschränkt nach  außen. Die Evaluation der Dekanatsstrukturreform zeigte, dass das  Dekanat kaum wahrgenommen wird. So erklärten etwa 82% der  Kirchenvorstände und 71% der Gemeindeglieder, dass sie nicht die Region,  sondern die Kirchengemeinde gestärkt sehen möchten. Vom Dekanat wussten  nur 21% der Mitglieder bei starker Bindung, 10% bei mittlerer Bindung  und 5% bei schwacher Kirchenbindung. Das ursprüngliche Ziel, gerade die  Kirchenfernen durch die Dekanatsstrukturreform zu erreichen, wurde  bislang verfehlt.

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